Pauschale Wahlrechtsausschlüsse - Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen (SH-NEWS 2017/054 vom 29.04.2017)

05.05.2017

Behindertenbeauftragte Bund und Länder: Diskriminierung beseitigen

(PM; Red/mbg) In Deutschland sind rund 85.000 Menschen mit Behinderungen von ihrem Wahlrecht ausgeschlossen. „Das ist nicht akzeptabel und steht im klaren Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention. Die politische Teilhabe ist ein Menschenrecht – auch für Menschen mit Behinderungen.“, kritisiert Stephan Pöhler, Beauftragter der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

Grundsätzlich steht das Wahlrecht gemäß Art. 38 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) jedem volljährigen deutschen Staatsbürger zu. Es ist Ausdruck des Verfassungsgrundsatzes der Allgemeinheit der Wahl. Der derzeit in § 13 Bundeswahlgesetz, § 12 Sächsisches Wahlgesetz und
§ 6a Europawahlgesetz normierte Ausschluss für Menschen, bei denen eine Betreuung bestellt bzw. angeordnet ist, ist Zeugnis eines überkommenen Denkmodells, das weder vom Wortlaut des Grundgesetzes noch von der seit 2009 in Deutschland in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention gedeckt wird.

In einem mehrseitigen Brief an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages fordern daher die Landesbehindertenbeauftragten der Bundesländer und die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Verena Bentele, die umgehende Abschaffung der pauschalen Wahlrechtsausschlüsse, um die vorliegende menschenrechtliche Diskriminierung zu beenden und noch vor der Bundestagswahl ein inklusives Wahlrechtssystem in Deutschland zu schaffen.

Brief der Landesbehindertenbeauftragten

Kommentar:

Die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e.V. (LAG SH) und der Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Sachsen e.V. (LSKS) unterstützen die Forderung der Behindertenbeauftragten nachdrücklich. 
Es ist aus ihrer Sicht nicht hinnehmbar, dass offenbar Bundestag und Bundeskabinett die Umsetzung des Gleichstellungsgebotes und der UN-Behindertenrechtskonvention als Sachbearbeiteraufgabe der unteren Ebene betrachten und nicht bereit sind, die darin enthaltenen Grundsätze als Basis des Denkens und Handelns allerBeteiiligten, der Ministerien und nachgeordneten Behörden durchzusetzen.