Echte Beteiligung gegeben? Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes im Freistaat Sachsen

03.12.2017

(SH-NEWS 2017/120 vom 27.11.2017)

Sachverständige sprachen im Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz im Sächsischen Landtag

(Red/cj) Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes im Freistaat Sachsen und die Beteiligung der Menschen mit Behinderungen waren heute Thema in der öffentlichen Sachverständigenanhörung im Sächsischen Landtag.

Grundlage war derAntrag „Bundesteilhabegesetz im Sinne der Menschen mit Behinderungen umsetzen – echte Beteiligung gewährleisten“ (Drs 6/9831)der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“.

Sieben Sachverständige kamen zu Wort und nahmen Stellung im Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz:

Annett Heinich, Inklusionsbotschafterin, betonte das Ziel bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes solle vordergründig die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sein und nicht die Begrenzung der finanziellen Ausgaben dafür. Dazu gehöre die Beteiligung der Betroffenen, genauso wie die Kommunikation auf Augenhöhe und das Bereitstellen von barrierefreien Informationen bis hin zur Leichten Sprache.

Zudem plädierte die Sachverständige, dass die Arbeit des zukünftigen Trägers der Eingliederungshilfe durch eine unabhängige Fachaufsicht und einer Rechtsaufsicht kontrolliert werden solle. Dieser Forderung schloss sich auch der Sachverständige Robert Jentzsch vom Verein „Jetzt entscheide ich e.V.“ an. Er fordert zudem eine unabhängige Clearing-Stelle.

Stephan Pöhler, Beauftragter der Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen als ein weiterer Sachverständiger wünscht sich einen Paradigmenwechsel und kein Umetikettieren bei der Eingliederungshilfe. Eine Clearing-Stelle solle unabhängig sein und genauso solle die Zusammensetzung mit nur einem Vertreter der Menschen mit Behinderung überdacht werden. Weiter sieht Stephan Pöhler den Sächsischen Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen (SLB) als die Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen an. Dazu regt er an, den SLB zu stärken, zum Beispiel in seinen Aufgaben, Rechten und auch in seiner Rechtsform.

Anna Döring vom Verein Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen in Sachsen e. V. sprach in ihrer Stellungnahme unter anderem auch die Umsetzung der unabhängigen Teilhabeberatungen an. Die 5 % Eigenleistung für eine solche Beratungsstelle sei durch kleine Vereine nicht zu tragen. Hier wäre eine Förderung durch den Freistaat Sachsen wünschenswert, für die Qualifikation der Mitarbeiter und dem Bereitstellen der Beratungsstelle.

Der Sachverständige Birger Höhn, Inklusionsbotschafter, schloss sich im Großen und Ganzen dem Antrag der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ an und ergänzte ihn beispielsweise mit Fragen zum Budget für Arbeit, das ab 2018 in Kraft tritt. Er hinterfragte: „Wo gibt es in Sachsen unabhängige Beratungsstellen?, Wer ist zuständig oder wo finde ich einen Arbeitsassistenten?“.

Die Rechte von gehörlosen Menschen sind nach Meinung des Sachverständigen Volker Schüler, Alternative für Hörgeschädigte, durch das Bundesteilhabegesetz deutlich zu stärken. Er wünsche sich ein vereinfachtes Verfahren für Dolmetscherleistungen und deren Kostentragung bzw. überhaupt ein selbstverständliches Bereitstellen von Dolmetscherleistungen im Alltag.

Andreas Werner vertrat als Sachverständiger den Kommunalen Sozialverband Sachsen und ging auf die Aufgaben des zukünftigen Trägers der Eingliederungshilfe ein und die Neuerungen; besonders auf die steigenden Kosten durch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Weiter beschrieb er kurz das Zustandekommen des ITP Sachsen (Integrierter Teilhabeplan). 

Die Mehrheit der Sachverständigen unterstützte die Forderung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass die Eingliederungshilfe auch für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetze gelten solle.

Anschließend nutzen alle Fraktionen im Landtag die Möglichkeit Fragen zu stellen.