Zukunft der Selbsthilfe

03.12.2017

(SH-NEWS 2017/117 vom 18.11.2017)

Fachtag der LAG SH erfolgreich durchgeführt

(Red/mbg) Wie angekündigt, hat die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e.V. (LAG SH Sachsen) am 17.11.2017 ihren Fachtag mit dem Titel "Zukunft der Selbsthilfe unter dem  demografischen Wandel" durchgeführt. 
Dazu hatten sich im Berufsförderungswerk Dresden insgesamt rund 50 Teilnehmer aus den Selbsthilfeorganisationen, von Kooperationspartnern, Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen sowie regionale Beauftragte zusammengefunden.

Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Dr. Matthias Müller, Vorsitzender der LAG SH, standen zunächst drei Impulsreferate an:

  • Daniel Lux, BAG Selbsthilfe: 
    Focus: Ländliche Regionen und Selbsthilfe, Berufsgruppen/Arbeitskräftebedarf und Selbsthilfe, Freundeskreise als soziales Netz auch in der Selbsthilfe?
  • Dr. Frieder Leistner, LAG SH Sachsen/Rheumaliga, Stellv. Vorsitzender des SLB
    Selbsthilfe in Sachsen gestern, heute und morgen - welche Struktur- und Organisationsänderungen muss/soll es geben?
  • Michael Welsch, Referent beim Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen: 
    Überlegungen für ein neues sächsisches Inklusionsgesetz, welche Auswirkungen/Anforderungen ergeben sich daraus für die Selbsthilfe?

Bereits aus den Darstellungen der Referenten wurde sichtbar, dass neben dem Weiterverfolgen bisheriger erfolgreicher Selbsthilfestrategien neue Arbeitsrichtungen einzuordnen sind, um den unterschiedlichen Ansprüchen und Möglichkeiten jüngerer und älterer  Betroffener, von Familien mit behinderten Kindern/Angehörigen, von Betroffenen mit Migrationshintergrund, von Betroffenen in Ballungszentren und im ländlichen Raum sowie von Betroffenen mit chronischer Erkrankung und aus den "klassischen" Behindertengruppen zu entsprechen.

Diese Problemkreise wurden am Nachmittag in drei parallel laufenden Workshops beraten und vertieft. Neben vielen Detailideen wurde übereinstimmend festgestellt, dass es erforderlich ist, die Selbsthilfe differenzierter zu gestalten und durch neue Formen zu ergänzen.

Das Artikulieren von Forderungen muss mit Lösungsansätzen verbunden werden. Zugleich ist aber auch die qualifizierte Mitwirkung in den Gremien gewährleisten, die sich mit der Umsetzung der Forderungen befassen. Das erfordert Wissen über die eigene Betroffenheit hinaus, vor allem das Erkennen und Beurteilen von gesellschaftlichen Zusammenhängen.

Zusätzlich ergeben sich für die Selbsthilfe neue Aufgabenstellungen aus der gesellschaftlichen Aufgabe Inklusion. Inklusion ist nicht ausschließlich durch Gesetze, Aktions- oder Maßnahmepläne des Freistaates oder der Kommunen umzusetzen, sondern erfordert ein Mitwirken "von unten". Dafür ist wiederum die Selbsthilfe mit ihren Erfahrungen und ihren Strukturen bzw. Initiativen und Netzwerken der geeignete Partner.

Übereinstimmung herrschte dazu, dass die Selbsthilfe mit dem erweiterten Aufgabenumfang überfordert ist, wenn sie ausschließlich auf das ehrenamtliche bürgerschaftliche Engagement setzt, das in den meisten Strukturen von älteren Betroffenen geleistet wird. Daraus ergibt sich die Forderung, über die bisherige, zeitlich begrenzte Finanzierung von Projekten hinaus neue, längerfristig  wirkende Förderungen u.a. durch den Freistaat zu konzipieren.

Vorgeschlagen wurde u.a. die Schaffung eines institutionell vom Freistaat geförderten "Landeskompetenzzentrums Inklusion-Selbsthilfe", das bei der LAG SH bzw. in ihrer unmittelbaren räumlichen und Wirkungsumgebung anzusiedeln ist und den Mitgliedsorganisationen, ggf. auch weiteren Partnern bei der Gestaltung der gesellschaftlichen Mitwirkung und der nach außen gerichteten Tätigkeit mit Rat und Tat zur Seite steht. 
Dieses Zentrum, an das auch Projekte, Initiativen, zeitweilige oder ständige Netzwerke von engagierten Einzelpersonen (Stichwort: Selbstvertretung) angedockt werden könnten, sollte zugleich in der Lage sein, die Weiterbildung der ehrenamtlich in den Selbsthilfestrukturen Wirkenden zu fördern, einen breiten Erfahrungsaustausch zu organisieren und die Nachhaltigkeit von Projekten, Vorhaben und Initiativen (Nach- und Weiternutzung) zu unterstützen.

In der abschließenden, vom Ehrenvorsitzenden der LAG SH Dr. Peter Münzberg moderierten  Podiumsdiskussion, in die neben den oben genannten Referenten als Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen auch Dr. Horst Reichenbach, Knappschaft einbezogen war, wurden die vorgenannten Überlegungen noch einmal hinterfragt, ergänzt und letztlich als Resümee des Fachtages zusammengefasst.

Dr. Matthias Müller bedankte sich in seinem Schlusswort bei den Teilnehmern und Akteuren für das konstruktive Mitwirken an der Veranstaltung, bei den Mitarbeitern des Selbsthilfenetzwerkes Sachsen (SHNW) und beim Berufsförderungswerk Dresden für die gelungene Organisation. Er sagte zu, den Teilnehmern eine Zusammenfassung der Ergebnisse es Fachtages zur Verfügung zu stellen und kündigt an, dass die LAG SH auch 2018 wieder einen Fachtag gestalten wird.
Insgesamt eine interessante, Ideen vermittelnde und Mut machende Veranstaltung, die neue Perspektiven eröffnen kann.