Das Jahr 2017 geht zu Ende - Rückblick des LAG SH-Vorsitzenden Dr. Matthias Müller zum Jahreswechsel

19.12.2017

Das Jahr 2017 geht zu Ende(SH-NEWS 2017/132 vom 19.12.2017)

Rückblick des LAG SH-Vorsitzenden Dr. Matthias Müller zum Jahreswechsel

(LAGSH/mlr; Red/mbg) Der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e.V. (LAG SH) Dr. Matthias Müller hat SELBSTHILFENETZWERK SACHSEN das nachfolgende Statement zur Veröffentlichung übergeben:

Liebe Mitglieder, Kooperationspartner, Mitstreiter, Sympathisanten und Freunde der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen, liebe Leserinnen und Leser unseres Internetportals,

ein schwieriges und ereignisreiches Jahr 2017 neigt sich seinem Ende zu und wir ziehen Bilanz darüber, was wir erreicht haben. Wir stellen uns gleichzeitig die Frage, worin die Ursachen und Gründe liegen, warum wir vieles noch nicht erreichen konnten.

Zunächst möchte ich aber allen meinen persönlichen Dank und den Dank des Vorstandes der LAG SH aussprechen, die sich im  Jahr 2017 aktiv  in die Verbandsarbeit eingebracht haben. Es war wieder ein extrem angespanntes Jahr für die LAG SH, sowohl hinsichtlich der personellen Kontinuität der Arbeit im Vorstand und in der Arbeitsstelle Selbsthilfenetzwerk Sachsen sowie bezüglich der finanziellen Absicherung unserer Tätigkeit.

Am Anfang des Jahres musste sich der Vorstand mit der internen Aufgabenzuordnung, mit Finanzierungsproblemen und mit personellen Veränderungen auseinandersetzen, die sich u.a. aus Mutterschaft und Elternzeit von Mitarbeiterinnen ergaben. Später kamen noch krankheitsbedingte Ausfälle hinzu. 
Das beeinträchtigte naturgemäß die Kontinuität der fachlichen Arbeit. Darunter litten auch die Vorbereitung der Mitgliederversammlung am 06.05.17 und die Kandidatensuche für die Berufung des neuen Sächsischen Landesbehindertenbeirates (SLB).

Unserer Hauptaufgabe als Interessenvertreter und Interessenbündeler der Anliegen unserer Mitgliedsverbände gegenüber Politik, Verwaltung, Krankenkassen sowie der weiteren gesellschaftlichen Öffentlichkeit wurden wir nicht immer gerecht. In einigen Problembereichen  haben wir uns trotzdem erfolgreich engagiert und wurden als gleichberechtigter Partner anerkannt und akzeptiert. 
Das trifft u.a. auf die Förderung durch die Krankenkassen, die Mitarbeit in der Allianz für Arbeit und  Behinderung, auf die Unterstützung des Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, auf das Monitoring zum Landesaktionsplanes der Sächsischen Staatsregierung zur Umsetzung der UN–Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), auf die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), sowie auf die Betreuung des Internetportals www.selbsthilfenetzwerk-sachsen.de zu.

Unabhängig davon erwarten wir von der Landespolitik gerade nach Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) eine noch deutlichere Anerkennung und Nutzung der Betroffenenkompetenz der in der LAG SH zusammengeführten Selbsthilfe- und Selbstvertretungsvereinigungen, die stärkere Einbeziehung in die Entscheidungen zur Sicherung von Teilhabe sowie zur Interessenvertretung von und für Menschen mit Behinderungen und chronischer Erkrankung. Mit der Berufung des neuen Sächsischen Landesbehindertenbeirates (SLB) im August 2017 wurde dazu ein erster Schritt getan.

Als erfolgreich gestaltete Bereiche in der Arbeit der LAG SH im zu Ende gehenden Jahr 2017 sind zu nennen:

  • Das Internetportal www.selbsthilfenetzwerk-sachsen.de, das nicht nur von unseren Mitgliedsverbänden sondern auch von breiten Kreisen der Verwaltung und Öffentlichkeit regelmäßig besucht und genutzt wird. Es wird mit hohem Aufwand ehrenamtlich gestaltet und gepflegt.
  • Die langjährigen kontinuierlichen Aktivitäten sowie die Beteiligung an und Leitung von Projekten zur Gestaltung eines barrierefreien ÖPNV insbesondere im Raum Dresden/Ostsachsen/NOL sowie in der Region Leipziger Land/Nordsachsen, die auch 2017 weitergeführt wurden. Diese Arbeiten erfolgten in enger Kooperation bzw. unter Federführung des Landesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter Sachsen e.V. (LSKS).
  • Die Erstellung eines Zwischenberichtes und Evaluation im Projekt  „Dabei sein!“, das durch die LAG SH mit verantwortet wird und die Sicherung von Praktikumspartnern in Mitgliedsorganisationen der LAG SH, zur Vorbereitung einer Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt; Unterstützung der Netzwerktreffen des Projektpartners Solaris gGmbH und Bereicherung der Erfahrungsaustausche.
  • Die Mitarbeit von Vertretern aus Mitgliedsverbänden der LAG SH und weiteren Netzwerkpartnern zur Erstellung und inhaltlichen Ausgestaltung des Projektes „Inklusionsnetzwerk Sachsen“, mit dem Ziel, die „Inklusion von unten“ mitzugestalten und die Realisierung der Maßnahmen des Landesaktionsplanes der Sächsischen Staatsregierung zur Umsetzung der UN-BRK im Freistaat Sachsen maßgeblich zu unterstützen.

Nach wie vor ist die Finanzierung der LAG SH ein großes Problem.Sie erfolgt weiterhin nur über die Mitgliedsbeiträge und projektgebundene Zuwendungen der Landesdirektion sowie über eine Rahmenförderung der gesetzlichen Krankenkassen (AOK PLUS). Leider sind diese Förderungen mit vielen restriktiven Bedingungen verknüpft. Die fehlende langfristige (institutionelle) Förderung behindert die Konzentration der LAG SH und ihres Vorstands auf die inhaltlichen Schwerpunktaufgaben als Landesdachverband der Selbsthilfe.

Die Vorstandsarbeit war 2017 auch durch zum Teil fehlendes Wissen zu den gesellschaftlichen Zusammenhängen und Erfordernissen sowie durch ein nicht immer ausreichendes Engagement seiner Mitglieder eingeengt. Zuweilen standen Einzelinteressen und –meinungen im Gegensatz zu den Gesamtinteressen der Gemeinschaft. Anliegende Aufgaben wurden im Wesentlichen dem Vorsitzenden und der Assistentin des Vorstandes zugeordnet. Das ist jedoch auf Dauer nicht durchzuhalten.

Eine wichtige Aufgabe ist die intensivere und stärkere Einbindung der Mitgliedsverbände in die Arbeit der LAG SH. Die Etablierung und Entwicklung wirksamer regionaler Netzwerke der Selbsthilfe ist auch 2017 nicht vorangekommen. Erste Ansätze existieren derzeit nur im Vogtland. 
Das war sicher auch einer der Gründe, warum bedauerlicherweise nur wenige Mitgliedsverbände am LAG SH-Fachtag 2017 mit dem Thema „Zukunft der Selbsthilfe unter dem demografischen Wandel“ teilgenommen haben. Aus meiner Sicht eine vertane Chance, sich kritisch mit der Selbsthilfe und ihrer Arbeit auseinanderzusetzen.

Die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen dem LAG SH-Vorstand und den Mitgliedsverbänden ist verbesserungswürdig und über Netzwerke ausbaufähig. Die 2017 fortgesetzte Praxis, Vorstandssitzungen unter Beteiligung von Mitgliedsverbänden aus der jeweiligen Region durchzuführen, fand nicht die erhoffte Resonanz. Gespräche mit einzelnen Mitgliedsverbänden vor Ort sind sicher effektiver, jedoch sehr zeit- und personalaufwendig. Unabhängig davon wird der Vorstand versuchen, dort in Zukunft mehr Angebote zu unterbreiten.

Liebe Mitstreiter, eine wirkungsvolle und effektive Arbeit der LAG SH ist nur möglich, wenn Vereinsegoismen und -befindlichkeiten in den Hintergrund treten und die gemeinsamen Ziele und Überzeugungen dominieren. Nicht gegeneinander, sondern miteinander – nur gemeinsam sind wir stark und ein ernsthafter Interessenvertreter von und für Menschen mit Behinderungen und chronischer Erkrankung.

In diesem Sinne stehen für 2018 wieder  komplizierte und schwierige Aufgaben vor uns. Wir gehen dabei davon aus, dass Politik und Verwaltung im Freistaat bereit sind, die Selbsthilfe und Selbstvertretung behinderter und chronisch kranker Menschen deutlicher auch finanziell zu unterstützen. 
Das wird uns ermöglichen, die Selbsthilfe und Selbstvertretung mit der „Inklusion von unten“ zu verbinden und das dort angesiedelte bürgerschaftliche Engagement durch eine angemessene hauptamtliche Mitarbeiterkapazität weiterzuentwickeln. 
Erste Vorschläge dazu liegen vor. Ihre Umsetzung wird der LAG SH und ihrem Vorstand gestatten, sich auf die inhaltlichen Schwerpunkte zu konzentrieren und mit hoher Qualität und Zielstrebigkeit an der Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse mitzuwirken.

Stellen wir uns gemeinsam den 2018 und in den Folgejahren anstehenden Herausforderungen. Dazu  wünsche ich uns ein erfolgreiches Miteinander, gegenseitige Wertschätzung und viel Erfolg in der Selbsthilfearbeit bei bestmöglicher Gesundheit und Wohlergehen.

Mit herzlichen Grüßen

Passbild Dr. Matthias MüllerIhr
Dr. Matthias Müller
Vorsitzender der LAG SH Sachsen