Anhörung zur Umsetzung des BTHG im Sozialausschuss des Sächsischen Landtages

17.03.2018

Paragraph und Stethoskop zusammen Kaum Fortschritte für Lebens- und Teilhabesituation behinderter Menschen zu erkennen

(LAG SH/lei) Am 26.02.2018 fand im Sozialausschuss des Sächsischen Landtages die Anhörung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung „Gesetz zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Sozialgesetzbuch und zur Zuständigkeit des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen“ (Drucksache DRS 6/12419) statt.
Mit diesem Gesetz soll das Bundesteilhabegesetz (BTHG) im Freistaat Sachsen umgesetzt werden. Insgesamt elf Sachverständige nahmen zum Gesetzentwurf Stellung:

  • Frau Dr. Cords (Amtsleiterin Sozialamt Dresden)
  • Herr Frehe (Forum behinderter Juristinnen/Juristen)
  • Herr Frickenhaus (Paritätischer Wohlfahrtsverband)
  • Frau Heinich (ISL Deutschland e.V.)
  • Herr Jacob (Sächsischer Landkreistag)
  • Frau Jahn (Diakonie/Behindertenhilfe)
  • Frau Braun (Diakonie/Referat Sozialrecht)
  • Frau Kursitza-Graf (Lebenshilfe e.V.)
  • Herr Schüler (Alternative für Hörgeschädigte)
  • Herr Schuster (Sächsischer Städte- und Gemeindetag)
  • Herr Werner (Kommunaler Sozialverband Sachsen)

Übereinstimmend wurde von allen Sachverständigen positiv herausgehoben, dass im Gesetzentwurf nunmehr das Fürsorgeprinzip für behinderte Menschen verlassen werde und der personenzentrierte Unterstützungsbedarf in den Mittelpunkt rücke.
Desweiteren wurde die Einrichtung einer Clearingstelle begrüßt, ihre geplante Ansiedlung beim Kommunalen Sozialverband Sachsen (KSV) wird aber von den meisten der Sachverständigen abgelehnt. Aus ihrer Sicht sei die Ansiedlung beim Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz (SMS) geboten.

Vor allem die Sachverständigen, die selbst Leistungsempfänger sind, stellten fest, dass der erwartete Paradigmenwechsel mit dem Gesetz nicht erfolge. Nach wie vor sorge die Staatsregierung mit dem vorliegenden Entwurf für den weitgehenden Erhalt des bisherigen Systems. Die Lebens- und Teilhabesituation behinderter Menschen wird sich kaum ändern.

Starke Kritik erfuhr die vorgesehene Zentralisierung von Aufgaben und Zuständigkeiten beim KSV, insbesondere neben der Ansiedlung der Clearingstelle auch die Zuordnung der Eingliederungshilfe.

Es wird befürchtet, dass sich der KSV zum „Staat im Staate“ entwickelt. Dieser Konzentration muss ein starkes Kontrollorgan gegenüber gestellt werden, das beim SMS gesehen wird. Vertreter der Leistungserbringer fragten dezidiert dazu, wer denn die Fach- und Rechtsaufsicht über den KSV ausübe – im Gesetzentwurf sei dazu nichts zu finden.

Im Gegensatz dazu stimmten die Sachverständigen des Sächsischen Landkreistages, des Sächsischen Städte- und Gemeindetages und des KSV dem Gesetzentwurf zu – er sei „mutig und ehrlich“.
Sie warnten ihrerseits vor einer Steigerung der Kostenbelastung der Träger der Eingliederungshilfe, die mit dem Gesetz einhergehe, und befürchten einen unzureichenden finanziellen Ausgleich der künftigen zusätzlichen Belastungen.