Neuer altersgerechter Bus vorgestellt (SH-NEWS 2018/087 vom 15.11.2018)

15.11.2018

Der Easy Bus von Iveco - ein zukunftsweisendes Projekt

(Red/mbg) Am 13.11.2018 hatten interessierte Vertreter der Selbsthilfe und Selbstvertretung aus dem Bereich Blinde/Sehbehinderte, Rollstuhlnutzer, Senioren mit Rollatoren, Vertreter des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO), der Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB) und weiterer Busunternehmen sowie die Projekte "ÖPNV/SPNV für alle" des Landesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter Sachsen e.V. und des Sozialverbandes VdK Sachsen e.V. die Möglichkeit, im Bus-Betriebshof Dresden-Gruna der DVB den Prototyp eines altersgerechten Busses mit der Bezeichnung "Easy Bus" zu besichtigen.

Dieses Modell ist von der Iveco Magirus AG und dem IVECO-KundenCenter in Zusammenarbeit mit der DB Regio und der Hochschule Fresenius unter Mitwirkung einer Vielzahl potentieller Nutzer aus dem Bereich der Senioren und mobilitätseingeschränkten Fahrgäste auf der Basis des Grundmodells IVEVO Crossway LE entwickelt worden.

Ausgangspunkt des Projektes war die demografische Entwicklung, die zunehmende Trennung des ländlichen Raums von wichtigen Versorgungs-, medizinischen und kulturellen Einrichtungen und die damit verbundene, zum Teil erhebliche Einschränkung der Teilnahme älterer und mobilitätseingeschränkter Bürger am Leben in der Gesellschaft.
Das gilt besonders dann, wenn sie nicht über ein eigenes Fahrzeug verfügen oder nicht oder nicht mehr sicher am Straßenverkehr teilnehmen können.

Die realisierte technische Lösung knüpft insbesondere an die Gewohnheiten und Reaktionen der genannten Fahrgastgruppen bei der Nutzung von Bussen im Regionalverkehr an. U.a soll ein rasches und sicheres Ein- und Aussteigen einschließlich des Fahrscheinerwerbs gewährleistet werden.
Sie berücksichtigt Anforderungen, die sich aus der Sicht demenzkranker Fahrgäste ergeben ebenso wie Anforderungen, die u.a. aus dem Einsatz im Schülerverkehr resultieren.

Das Fahrzeug verfügt über eine deutlich breitere Fahrertür sowie über je eine Klapprampe an der Fahrer- und der Plattformtür. Beide Türen sind durch einen Gang im Fahrzeug mit einer Breite von >70 cm verbunden.
Das ermöglicht u.a. für barzahlende Fahrgäste mit Rollator ein Zusteigen an der Fahrertür und von dort das Erreichen der speziell dafür gestalteten Sitze mit dem Hilfsmittel  (einschl. Rollator-Stellplatz).

Bedenken wurden von der Seite der Begutachtenden allerdings zur Nutzung von Rampen bei geringer Höhe des Haltestellenbordes durch Fahrgäste mit Rollator geäußert, weil die Überwindung einer Steigung >6% für ältere Bürger mit Bewegungseinschränkungen im Knie-/Fußbereich problematisch erscheint.

Die Plattform verfügt über den nach EU-Norm geforderten "gesicherten" Stellplatz für einen Fahrgast im Rollstuhl sowie über zwei weitere Stellplätze für Rollstühle oder Kinderwagen quer zur Fahrrichtung, davon einen, der gegen seitliches Abkippen gesichert und damit speziell für einen manövrierfähigen Greifradrollstuhl geeignet ist.

Viel Wert wurde auf die Anbringung von gut erkennbaren Symbolen, Bedienelementen, Wegweisern und Griffelementen gelegt. Zu letztem gab es allerdings Hinweise aus dem Bereich der Sehbehinderten in Bezug auf die Ausweitung des "Gelbstangenprinzips".

Insgesamt wurde das vorgestellte Fahrzeug mit der klaren Zuordnung der angebotenen Sitz- und Stellplätze zu den unterschiedlichen Nutzergruppen als wesentlicher Fortschritt gegenüber den bisher verfügbaren Ausstattungsvarianten bewertet.
Es wurde der Wunsch geäußert, Fahrzeuge mit einer solchen Innenraumgestaltung sowohl im ländlichen Raum als auch für weniger frequentierte Linien im Stadt- und Stadtumlandverkehr einzusetzen.

Das gilt umso mehr, als vom vorstellenden Unternehmen ausgesagt wurde, dass die zusätzlichen Kosten für die realisierte Ausstattung im Bezug auf den Fahrzeuggrundpreis fast zu vernachlässigen sind.

Zusätzlich wurde der von der DVB für den erweiterten städtischen Zubringer- und Kurzstreckenverkehr vorgesehene Mercedes Sprinter City 75 begutachtet.
Er verfügt über eine Klapprampe, deren Nutzung allerdings ein Haltestellenbord von mindestens 15 cm voraussetzt, und einen Rollstuhl-Stellplatz unmittelbar hinter dem Fahrersitz.
Platz in Nähe der Fahrzeugtür finden auch etwa zwei Rollatoren.
Der ausgewiesene Rollstuhlstellplatz ist jedoch zu knapp bemessen, um das erforderliche Rangiermanöver zum geforderten Abstellen des Rollstuhls entgegen der Fahrtrichtung zu ermöglichen.

Mit der DVB wurde deshalb vereinbart, einen Doppelsitz zu entfernen und dafür einen weiteren Klappsitz an der linken Fahrzeuginnenwand zu installieren.
Zu versetzen ist der der Rollstuhl-Signaltaster, der gegenwärtig vom rollstuhlnutzenden Fahrgast nicht erreichbar ist. Geprüft werden soll auch, ob die hohe Schwelle zu den hinteren Sitzen zu entschärfen ist.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es in und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich sein wird, jede der unterschiedlichen, oft auch untereinander widersprüchlichen Forderungen und Wünsche des einzelnen Fahrgastes zu 100% zu erfüllen.
Das ergibt sich schon daraus, dass die Fähigkeiten der/des Einzelnen selbst bei formal gleicher Behinderung oder Erkrankung sehr unterschiedlich und sehr individuell ausgeprägt sind.

Unabhängig davon bieten die beiden vorgestellten Fahrzeuge Lösungen, die bei der ggf. vom Fahrpersonal zu leistenden Hilfe eine weitgehend unabhängige Nutzung gewährleisten.
Die Teilnehmer an der Fahrzeugvorstellung haben deshalb übereinstimmend angemerkt, das die vorgestellten Lösungen ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung sind und sich bei den Gestaltern bzw. Vorführenden für ihr Engagement im Sinne von Teilhabesicherung und Inklusion bedankt.

Hier einige Fotos:


Bildergalerie ÖPNV: Vorstellung IVECO-Bus und City-Sprinter in Dresden 18/11

  • Außenansicht des IVECO-Bus Crossway LE - Easy-Bus

    Außenansicht des IVECO-Bus Crossway LE - Easy-Bus

    Quelle: LSKS/mbg