Pauschaler Wahlrechtsausschluss unzulässig (SH-NEWS 2019/017 vom 23.02.2019)

01.03.2019

Wahlgesetze müssen für Europawahl und Landtagswahlen überarbeitet werden

(PM; Red/mbg) Zur veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelungen der Wahlrechtsausschlüsse für Betreute in allen Angelegenheiten und wegen Schuldunfähigkeit untergebrachte Straftäter erklärt die Monitoring-Stelle UN-Behinderten-rechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte:

„Wir begrüßen die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Regelungen der Wahlrechtsausschlüsse für in allen ihren Angelegenheiten Betreute gemäß § 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWahlG) und für wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Straftäter gemäß § 13 Nr. 3 BWahlG verfassungswidrig sind."

"Bei diesen Wahlrechtsausschlüssen handelt sich um eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, die auch im Widerspruch zu Artikel 29 UN-Behindertenrechts-konvention steht.
Damit ist die Ungleichbehandlung hinsichtlich der Bundestagswahl mit sofortiger Wirkung beendet. Das ist ein wichtiger Schritt für Rechtsstaat und Demokratie.
Wir empfehlen dem Deutschen Bundestag, jetzt auch die Wahlrechtsausschlüsse im Europawahlgesetz aufzuheben.
Die Landesgesetzgeber müssen im Lichte der Entscheidung ihre Landeswahlgesetze ebenfalls anpassen und sollten bis dahin allen Menschen mit Behinderungen das Wahlrecht einräumen.“

Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hatte in Zusammenarbeit mit den Selbsthilfevereinigungen behinderter und chronisch kranker Menschen im Verfahren eine

Stellungnahme

abgegeben.

Kommentar:

Die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e.V. (LAG SH) und ihre Mitgliedsvereinigungen  begrüßen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nachdrücklich. Letztlich hatten auch sie seit längerem die Aufhebung des pauschalen Wahlrechtsausschlusses für den genannten Personenkreis gefordert.
Sie erwarten im Hinblick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen und die Landtagswahl nun, dass die sächsischen Regelungen kurzfristig entsprechend der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden.
Zugleich geht an die eingesetzten vormundschaftlichen und sozialen Betreuer die Aufforderung, den Betreuten eine angemessene Unterstützung zur Formulierung einer eigenständigen Wahlentscheidung zu gewähren
Und natürlich alles im umfassenden Sinne barrierefrei, denn auch da gibt es noch erhebliche Probleme.

 

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