Thema Bahnsteighöhen in den Medien (SH-NEWS 2019/064 vom 22.08.2019)

30.08.2019

Regionale Projektmitarbeiterin bei Dreharbeiten für den ARD-Bahnreport

(LSKS/jt; Red/mbg) Anfang August wurde das Projektteam vom „ÖPNV für alle“ vom Geschäftsführer des Zweckverbandes Nahverkehr Leipzig gefragt, ob es zur Unterstützung mit einigen Betroffenen an den Dreharbeiten zu der Sendung „Bahnreport“ für die ARD, insbesondere zum Thema „Barrierefreiheit und Bahnsteighöhen“ teilnehmen könnte.

Dieser Einladung folgte die regionale Projektmitarbeiterin Jana Treffler-Klingner mit 2 ehrenamtlichen Mitgliedern der Projektgruppe gern. Die Anmeldungen bei der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB) klappten diesmal gut und so konnte die zuggebundene Überfahrbrücke/Rampe in Grimma und Leipzig problemlos genutzt werden.

Am Bahnhof Leipzig wurden die Protagonistinnen vom Filmteam empfangen und schon beim Ausstieg gefilmt. Dabei war offensichtlich, wie schwierig und zugleich unfallträchtig das Ein-und Ausfahren mit einem (manuellen) Rollstuhl in/aus einem Zug mit einer Bordhöhe von 55 cm bei einem 76 cm hohen Bahnsteig ist. Das konnte im Laufe des Tages noch mehrmals dokumentiert werden.

Im aufgezeichneten Interview äußerten sich die beiden Rollstuhlfahrerinnen Sarah Lenz und Jana Treffler-Klingner eindeutig dazu, dass es frustrierend und zugleich diskriminierend ist, wenn sie und Gleichbetroffene nicht wie jeder andere Bürger spontan mit der Bahn fahren können.

Dabei hat sich in den zurückliegenden Monaten entgegen den “Ehrenerklärungen“ der Deutschen Bahn die Situation bez. der nach wie vor erforderlichen Anmeldung des Fahrtwunsches eher verschlechtert, als verbessert.
Eine Reiseanmeldung über den Regionalverkehr hinaus in der von der DB vorgegebenen Vorlauffrist von 24/48 Stunden bietet nämlich keine Sicherheit mehr, tatsächlich befördert zu werden.
In letzter Zeit haben sich besonders bei den kurzfristigeren Anmeldungen die Absagen deutlich erhöht, weil DB Station & Service orts- und tagezeitabhängig angeblich nicht über das erforderliche Personal verfüge.

Diese Situation ist vom Staatskonzern DB natürlich hausgemacht. Wer sich ständig weigert, Bahnsteige in der Höhe von 55 cm anzulegen, obwohl zwischenzeitlich zumindest im Nahverkehr mit den meisten Reisenden alle deutschlandweit in den letzten Jahren neu beschafften Züge eine Bordhöhe von 55-60 cm haben, wer zur Hilfeleistung für Fahrgäste im Rollstuhl u.a. auch Technik einsetzt, die vor fast 40 Jahren erfunden wurde und wer den Bahnhofsdienst nicht sonderlich gut honoriert, darf sich doch weder über einen hohen Personalaufwand noch über einen Mangel an Personl beklagen.
Offenbar betrifft der Irrsinn nun auch den Fernverkehr, denn auch die ICE-Züge aus einer der neuesten Baureihen haben eine Bordhöhe von 55 cm, benötigen deshalb bei der von der DB mit Hartnäckigkeit verfolgten 76er Bahnsteighöhen-Strategie erneut eine Einstiegshilfe für Fahrgäste im Rollstuhl, natürlich auch mit Personaleinsatz.

Im Gespräch mit dem Geschäftsführer des Zweckverbandes Nahverkehr Leipzig Oliver Mietzsch machte die regionale Projektmitarbeiterin (Landkreis Leipzig und Nordsachsen) Jana Treffler-Klingner zudem erneut auf das Problem der fehlenden Schiebetritte an den vom Verkehrsunternehmen MRB eingesetzten Zügen aufmerksam.

Das konnte dann am (eigentlich) barrierefreien Bahnsteig in Grimma beispielhaft gezeigt werden. Der dort vorhandene Abstand zwischen Bahnsteig und Zug 15 und 20 cm kann von einem Fahrgast und Rollstuhl auch weiterhin nur mit einer vom Zugbegleiter anzulegenden, fahrzeuggebundenen Überfahrbrücke/Rampe überwunden werden.

Oliver Mietzsch begründete das mit dem alten Wagenmaterial der MRB, in das man nachträglich keine Schiebetritte einbauen könne.
Fakt ist aber auch, dass der Zweckverband ZVNL bei der Streckenausschreibung Schiebetritte  nicht ausdrücklich gefordert hatte und letztlich als Option nicht durchsetzen konnte, obwohl die technische Lösung bereits zu diesem Zeitpunkt verfügbar war.
Dass vielleicht ab 2025 auf der genannten Strecke neue Züge (wahrscheinlich wasserstoffbetrieben) mit Schiebetritten fahren sollen, ist für die heutigen Nutzer allerdings nur ein schwacher Trost.

Unabhängig davon wurde vereinbart, die vom Ansatz gute Zusammenarbeit zwischen ZVNL und dem LSKS- Projekt „ÖPNV/SPNV für alle“ fortzusetzen und zu vertiefen.
Im abschließenden Interview erklärte die Jana Treffler-Klingner noch einmal, dass es Barrierefreiheit nur gibt, wenn Bahnsteig und Züge zusammenpassen und dass es den Grundforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) entspricht, auch in Deutschland und im Freistaat Sachsen dafür zu sorgen, dass jeder Mensch den ÖPNV selbstständig und barrierefrei nutzen kann. Von Barrierefreiheit können alle profitieren.

Der entstandene Beitrag wird am 18.11.2019 20:15 Uhr in der Sendung „Bahnreport“ der ARD ausgestrahlt.

Und hier ein paar Bildimpressionen:


Bildergalerie Bahnreport (ARD) 19/08

  • Gespräch des LSKS-ÖPNV-Teams  mit dem ARD-Team zum Thema Barrierefreiheit auf dem Bahnsteig Leipzig-Haußptbahnhof

    Gespräch des LSKS-ÖPNV-Teams mit dem ARD-Team zum Thema Barrierefreiheit auf dem Bahnsteig Leipzig-Haußptbahnhof

    Quelle: LSKS/Tre

 

Bild zur Meldung: Thema Bahnsteighöhen in den Medien (SH-NEWS 2019/064 vom 22.08.2019)