DB-Mobilitätsservicezentrale up to date? (SH-NEWS 2020/009 vom 31.01.2020)

31.01.2020

Telefonkonferenz mit der Leiterin der Kontaktstelle für Behindertenangelegenheiten bei der Deutschen Bahn

(LSKS/jt, Red/mbg) Aufgrund mehrerer Beschwerden von mobilitätseingeschränkten Fahrgästen aus dem Freistaat Sachsen und darüber hinaus, führte das Projekt "ÖPNV/SPNV für alle" des Landesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter Sachsen e.V. (LSKS), vertreten durch Projektkoordinatorin Anne Hähnel und Projektmitarbeiterin Jana Treffler-Klingner am 28.01.2020 eine Telefonkonferenz mit der Leiterin der DB-Kontaktstelle für Behindertenangelegenheiten Ellen Engel-Kuhn zum Thema Service und Mobilitätszentrale (MSZ) durch.
Außer den drei genannten Teilnehmern, nahm noch eine Mitarbeiterin der DB-Mobilitäts-Servicezentrale (MSZ) am Gespräch teil.

Frau Engel-Kuhn erklärte zunächst noch einmal die Aufgaben der MSZ und verwies auf die Apps „Bahnhof live“ und „DB barrierefrei“.
Auf Anmerkung von Jana Treffler-Klingner, dass diese ja oftmals nicht aktuell sind, bestätigte Frau Engel-Kuhn u.a., dass es im schlimmsten Fall einen Tag dauern könne, bis ein Aufzug als defekt gemeldet ist und das in der App erscheint.

Die ÖPNV/SPNV-Projektmitarbeiterinnen erklärten, dass sie das engagierte Bemühen der MSZ-Mitarbeiter/innen durchaus anerkennen, jedoch die gegenwärtige Form der Informationserhebung und -weiterleitung offenbar nicht dem Stand der Technik entspricht und erhielten die Antwort, dass es bis zu 10 Jahren dauern könne, bis eine durchgängige, voll digitalisierte und damit minuten-aktuelle Aufzugs-Information in der DB-App erscheine bzw. dem Zugbegleiter auf den vom Betroffenen genutzten Zug zur Verfügung stünde.

Außerdem stellte Frau Engel-Kuhn nochmal dar, dass die MSZ nicht die Verantwortung für die Richtigkeit der weitergeleiteten Informationen übernehmen könne, da dies zumeist die DB Regio bzw. DB Station & Service betreffen würde und die MSZ oft selbst keine Information erhalte.
Leider könne man auch nicht zeitnah auf Zugumstellungen beim IC oder ICE reagieren, sondern der Fahrgast müsse das selbst auf dem Bahnhof klären.

Diese Antworten sind vom Projekt "ÖPNV/SPNV für alle" natürlich nicht kommentarlos hinnehmbar. Sie entsprechen weder den Intensionen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRD) und den nationalen Regelungen (u.a. BGG, Nahverkehrsgesetz) noch den Erklärungen der DB selbst, einen umfassenden Kundendienst leisten zu wollen und dazu zeitnah und umfassend eine durchgängige Digitalisierung ihrer Informationsprozesse zu gewährleisten.

Wenn die DB auch mit Unterstützung der Bundesregierung in den nächsten Jahren Milliarden für ihre Modernisierung ausgeben will, muss sie auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen gleichwertige Reisebedingungen schaffen.
Das kann zeitweilige Kompromisse einschließen, die jedoch mit den offiziellen Vertretern dieser Nutzergruppe abzustimmen sind. Es kann aber nicht sein, dass innerhalb des Konzern "rechts" nicht weiß was "links" macht, Zuständigkeiten hin- und hergeschoben werden und letztlich der Kunde der Dumme ist.

Zudem ist die offensichtlich von der DB-Führung vertretene Linie "wir wissen schon was gut für Euch ist und entscheiden für Euch" absolut untauglich, eines Staatskonzerns unwürdig und auch nicht mit Personalmangel oder ähnlichen Argumenten zu begründen.
Wer einerseits bei vorzugsweise 55er Zugplattformen 76er Bahnsteige will, muss sich doch nicht wundern, dass er viel Personal braucht. Und wer Hebetechnik einsetzt, die vor fast 40 Jahren erfunden wurde, kann sich nicht damit herausreden, dass sein Personal zum Teil überfordert ist und sich nur wenige Bewerber für diese Serviceaufgabe interessieren.

Die Aussage von Frau Engel-Kuhn, man solle sich bei zugesagten, jedoch nicht erbrachten Serviceleistungen bzw. bei nicht beim Zugpersonal angekommenen MSZ-Reiseanmeldungen per E-Mail (Link siehe unten) beschweren oder bei Aufzugsausfällen die zuständige 3-S-Zentrale anrufen, ist sicher kein ernstzunehmender Beitrag zur Servicequalität.

Zudem liegen zu letzterem eindeutige Erfahrungen vor, dass mangels stationärem Personal auch mit Anruf keine kurzfristige Hilfe am Bahnsteig gewährleistet werden kann (O-Ton 3-S-Zentrale: Wir geben Ihre Störungsmeldung an den Aufzugsservice weiter. Er kann aber frühestens in zwei Stunden an der von Ihnen genannten Station sein. Ob eine kurzfristige Reparatur möglich ist, wissen wir auch nicht....").

Das unterstreicht die Forderung, dass z.B. bei Aufzugsausfällen eine durchgängige digitale Informationskette über die 3-S-Zentralen, die MSZ, zu den Internet-Apps, zum Reparaturservice und letztlich bis zum Zugbegleiter erforderlich ist, wobei letzterer dem im Zug befindlichen mobilitätseingeschränkten Reisenden ggf. eine vor seinem Zielpunkt befindliche Station empfehlen kann.
Die Überlegungen zur durchgängigen Prozessdigitalisierung gelten natürlich auch für die Reiseanmeldungen insgesamt, die viel zu oft nicht beim zuständigen Station & Service-Team bzw. beim Zugpersonal ankommen.

Unabhängig von dieser Grundsatzkritik an der Deutschen Bahn insgesamt wurde vereinbart, den Kontakt des Projektes "ÖPNV/SPNV für alle" zu Frau Engel-Kuhn weiterzuführen.

Hier der Link zu den für Beschwerden zu nutzenden Adressen:

https://www.deutschebahn.com/de/presse/suche_Medienpakete/medienpaket_barrierefrei-1199988 

 

Bild zur Meldung: DB-Mobilitätsservicezentrale up to date? (SH-NEWS 2020/009 vom 31.01.2020)