Nur Meckern ist zu wenig (SH-NEWS 2020/018 vom 26.02.20120)

26.02.2020

Redaktionelle Gedanken zum gesellschaftlichen Miteinander und Zusammenhalt

(Red/mbg) Eine Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn ihre Teile und Gliederungen miteinander kooperieren. Dieser Grundsatz scheint in letzter Zeit in Deutschland und anderswo in Vergessenheit geraten zu sein.

Wilde „Grabenkämpfe“ in politischen Parteien, laute Proteste ohne Ideen und ohne Bereitschaft, auch den eigenen Standpunkt kritisch zu bewerten, bestimmen gegenwärtig nicht nur die Medien, sondern beeinflussen unser tägliches Leben und unser Verhalten.
Andere Meinungen auf ihren sachlichen Hintergrund und ihren Inhalt zu überprüfen, daraus ggf. Gemeinsamkeiten abzuleiten und sie zu verfolgen, steht nicht mehr auf der Tagesordnung.

Da werden die Ellenbogen ausgestreckt gegen Schutzsuchende, auch gegen Menschen mit Behinderung. Es wird im Schatten des Internet gehetzt und verleumdet, es geschehen Taten, die keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.

In wildem Aktionismus entstehen Gesetze und Regelungen, die kaum die mit ihrer Umsetzung Beauftragten verstehen, geschweige denn die, für die sie gemacht wurden. Wer sich z.B. die aktuellen Fassungen unserer Sozialgesetzbücher oder das hoch gelobte BTHG anschaut, wird diesen Eindruck bestätigen.
Wenn wir diesen Weg weitergehen werden wir mehr Verwaltungs- und juristischen Aufwand für die praktische Nutzbarmachung unserer Gesetze haben, als sie am Ende dem Einzelnen oder für dem Schutz der Gemeinschaft einbringen.

Wenn z.B. Entscheidungen zu Inklusion und Teilhabe vor Ort ausschließlich dem subjektiven Empfinden von Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung überlassen bleiben, der aktuelle Kassenstand bestimmt, ob überhaupt über diese Themen nachgedacht wird, müssen wir uns über magere Ergebnisse doch nicht wundern.
Wenn wir Anonymität und überzogene Individualität als das „Gelbe vom Ei“ predigen, Teamgeist nur im Sinne optimaler Wirtschaftsergebnisse fordern, wird es keine nachbarschaftliche Hilfe und kein Miteinander im Zusammenleben geben.

Ein Umdenken ist nicht nur in der Klimapolitik vonnöten. Wir müssen begreifen, dass auch Fortschritte in Wissenschaft und Technik die verfügbaren Ressourcen nicht unendlich erweitern, es keinen unbegrenzten Fortschritt, auch kein ständiges Mehr an persönlichem Eigentum und persönlicher Freiheit der/des Einzelnen geben kann.

Eine Gesellschaft kann nur auf Dauer funktionieren, wenn wir das Verfügbare teilen, auch denen angemessene Anteile überlassen, die nur wenig oder gar nicht zum gesellschaftlichen Gesamterlös beitragen können. Das schließt andererseits aber ein, dass jede/r dem ihr/ihm möglichen Anteil einbringt.

Diesem Grundastz sehen sich auch die in der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e.V. (LAG SH) zusammengeschlossenen Vereinigungen verpflichtet, die mit rund 18.000 Einzelmitgliedern letztlich zugleich auch Sprachrohr von rund 380.000 Schwerbehinderten im Freistaat sind,
Mit dem Projekt „Inklusionsnetzwerk Sachsen“ zeigen die LAG SH Sachsen und mit dem Projekt „ÖPNV/SPNV für alle“ ihr Mitglied, der Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Sachsen e.V. (LSKS), was in gemeinschaftlicher konstruktiver Tätigkeit möglich ist, auch wenn dort nicht alle Erwartungen erfüllbar sind.

Einen weiteren Schritt im Sinne des Miteinander soll die „Fachstelle Teilhabekoordinierung“ gestalten, 2020 zunächst als Vorbereitungsprojekt, ab 2021 mit institutioneller Förderung. Sie wird u.a. zur erforderlichen Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung, aber auch zur Weiterentwicklung des bürgerschaftlichen Engagements der von Behinderung bzw. chronischer Erkrankung Betroffenen beitragen.

In diesem Sinne ist Mitdenken Bürgerpflicht. Wenn die dabei entstehenden Ideen im Team bewertet und mit der eigenen Umsetzungsbereitschaft verbunden werden, sollten sie einen wertvollen Beitrag im Sinne des von Staatsministerin Köpping geforderten gesellschaftlichen Zusammenhalts leisten.

Machen wir uns gemeinsam auf den Weg.

 

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