Urteil des Europäischen Gerichtshofes (SH-NEWS 2022/024 vom 11.02.2022)

11.02.2022

Urteil des Europäischen Gerichtshofes (SH-NEWS 2022/024 vom 11.02.2022)

(www.eu-schwerbehinderung.de/red; pec) Der Europäische Gerichtshof hat mit einem Urteil die Rechte von Arbeitnehmern mit Behinderung gestärkt. So kann laut dem Gerichtsurteil, wer wegen einer solchen Einschränkung seine bisherige Stelle nicht mehr ausüben kann, Anspruch auf eine für ihn passende Stelle im gleichen Unternehmen haben.

Jedoch dürfe der Arbeitgeber nicht unverhältnismäßig belastet werden, wie aus dem Urteil hervorgeht. So hänge dieses etwa vom finanziellen Aufwand sowie der Größe, den finanziellen Ressourcen und dem Gesamtumsatz des Unternehmens ab. Außerdem müsse es eine freie Stelle geben, die geeignet sei für den Arbeitnehmer (Rechtssache C-485/20).

Entscheidung gilt auch für Mitarbeiter in der Probezeit

Der Hintergrund für den Fall liegt in Belgien. Es handelt sich um einen Mitarbeiter der belgischen Eisenbahngesellschaft, der sich gegen seine Entlassung gewehrt hatte. So war der Arbeiter während seiner Probezeit am Herzen erkrankt, benötigte einen Herzschrittmacher und durfte wegen elektromagnetischer Felder dann nicht mehr auf Gleisen arbeiten. Nachdem er für eine Zeit lang im Lager gearbeitet hatte, wurde er entlassen.

Zudem wird im EuGH-Urteil betont, dass es unerheblich sei, dass der Angestellte wegen seiner Probezeit noch nicht endgültig eingestellt war. So müsse der Arbeitgeber die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zur Arbeit zu ermöglichen. Auch könne eine andere Stelle dafür geeignet seien.

Die Europaabgeordnete Katrin Langensiepen, Vize-Vorsitzende des Sozialauschusses und der interparlamentarischen Gruppe von Menschen mit Behinderungen, begrüßt das EuGH-Urteil:

“Die Entscheidung des EuGHs ist ein wichtiger Schritt gegen die Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund von Behinderung. Die Mehrzahl von Behinderungen werden im Laufe des Lebens erworben. Auch wenn die UN-Behindertenrechtskonvention gleichberechtigten Zugang zu Arbeit als Menschenrecht definiert, haben weniger als die Hälfte von Menschen mit Behinderungen in der EU eine Arbeit. Unternehmen scheuen sich immer noch Menschen mit Behinderungen einzustellen, aufgrund alter Stigmata oder aus Angst vor zu großem Aufwand. Je mehr Menschen mit Behinderungen in Betrieben gehalten werden, desto schneller normalisiert sich auch die Einstellung zur Arbeit mit und von Menschen mit Behinderungen. Mit entsprechenden Hilfen sind Menschen mit Behinderungen genauso wertvolle Mitarbeiter*innen wie andere auch. Es ist die Aufgabe der EU-Mitgliedstaaten, Unternehmen dabei zu unterstützen.”

 

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